
Kaum ein Thema wurde in der pädiatrischen Sportmedizin so heiß diskutiert wie Krafttraining für Kinder und Jugendliche. Wie gefährlich ist es wirklich? Bringt es möglicherweise sogar Vorteile mit sich? Schadet Kraftsport der kindlichen Entwicklung? All diese Fragen klären wir heute. Dazu schauen wir uns an, was die aktuelle Wissenschaft sagt.
Wie gefährlich ist Krafttraining für Kinder und Jugendliche?
Hier gibt die Wissenschaft Entwarnung. Behauptungen wie z.B. „Krafttraining schadet der kindlichen Entwicklung“ sind nicht haltbar. Vielmehr belegen internationale Forschungsberichte eindeutig den Nutzen von Krafttraining in jungen Jahren.
Aber schadet Kraftsport im Kindesalter nicht den Knochen? Führt es ggf. sogar zu Wachstumsstörungen?
Tatsächlich können die Wachstumsfugen der Knochen durch übermäßige Belastung beschädigt werden, da der knorplige Anteil der Röhrenknochen bei Kindern und Jugendlichen verletzlicher ist.
Das Risiko hierfür ist aber nur erhöht, wenn mit zu viel Gewicht trainiert wird oder die Ausführung technisch schlecht ist. Deshalb sollte Krafttraining für Kinder und Jugendliche immer unter Aufsicht eines professionellen Trainers stattfinden. Schließlich ist das bei Sportarten wie Fußball oder Boxen ja auch der Fall.
Welche Vorteile bringt Krafttraining für Kinder und Jugendliche?
Wird Kraftsport richtig durchgeführt, dann steigert es die Leistungsfähigkeit und erhöht die Knochendichte. Dadurch beugt es Verletzungen vor. Generell stärkt Krafttraining die gesamte Motorik inklusive der Koordination. Aber nicht nur das. Auch der mentale Zustand der Kinder wird positiv beeinflusst, da so automatisch die Leistungen im Sportunterricht verbessert werden. Das steigert Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen.
Was ist beim Krafttraining für Kinder und Jugendliche zu beachten?
Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Mit anderen Worten: wir können die Trainingsmethoden von Erwachsenen nicht 1:1 für Kinder anwenden. Aber generell dürfen die Kleinen bereits ab 7 Jahren spielerisch mit Kräftigungsübungen beginnen. Das bedeutet jedoch nicht, dass wir sie an die Geräte ins Fitnessstudio setzen sollten.
Aber was passiert, wenn dein Kind auf dem Spielplatz herumtobt oder irgendwo hochklettert? Oder dein Kind springt von einer Erhöhung herunter und fängt an zu sprinten? Dabei handelt es sich ebenfalls um eine Art Krafttraining. Schließlich geht es im Kraftsport nicht darum, dass wir an Geräten pumpen. Sobald die Muskeln kontrahieren, werden sie beansprucht. Kombiniere daher kräftigende Übungen mit dem kindlichen Spieltrieb. Hierzu eignen sich auch sämtliche Ballsportarten wie Volleyball, Badminton, Tennis, Handball oder Fußball.
Ab wann sollten Jugendliche mit zusätzlichen Gewichten bzw. im Gym trainieren?
Diese Frage lässt sich nur schwer pauschalisieren. Das Ganze hängt immer vom individuellen Reifegrad der Jugendlichen ab. Die Sportwissenschaft sieht 14-16 Jahre als guten Richtwert an. Ab diesem Alter ist nicht nur das Körperbewusstsein ausgeprägter, sondern die Jugendlichen entwickeln mehr Disziplin. Sobald sie Verständnis und Gefühl für ihre eigenen muskulären Fähigkeiten haben, spricht nichts gegen ein strukturiertes Krafttraining. Hier dürfen gern Hanteln oder Geräte zum Einsatz kommen.
Was passiert, wenn Kinder und Jugendliche sich zu wenig bewegen?
Beleuchten wir einmal den umgekehrten Fall. Hier sprechen wir von der sogenannten Dynapenie. Darunter verstehen wir den Verlust der Muskelkraft. Dieses Phänomen kennen wir normalerweise eher von Senioren. Aber es tritt mittlerweile häufiger im Kindesalter auf. Das macht sich sehr schnell im Alltag bemerkbar. Sobald das Treppensteigen Probleme bereitet oder beim Aufstehen aus dem Sessel mit den Armen nachgeholfen werden muss, sollten die Alarmglocken klingeln. Mangelnde Bewegung und zu wenig muskuläre Aktivität sind mit Zivilisationskrankheiten wie z.B. Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Adipositas assoziiert. Übergewichtige Kinder können im Sportunterricht nicht mithalten. Sie werden vielleicht sogar von den Mitschülern gemobbt und bei Mannschaftssportarten nie gewählt. Das hat negative Auswirkungen auf die Psyche und das Selbstvertrauen. Hat dein Kind jedoch eine sehr gute Ausdauer und ist muskulär in Top-Form, ist ihm immer ein Erfolgserlebnis garantiert.
Fitnessinfluencer als Vorbilder für Jugendliche: Segen und Fluch
Im Hinblick auf die Gesundheit und einen bewussten Umgang mit dem eigenen Körper sind die Fitness-Influencer durchaus bessere Vorbilder als Musiker oder Schauspieler. Viele Teenies wollen ihren Idolen auf Social Media nacheifern und starten motiviert mit dem Training. Bis dahin ist alles im grünen Bereich.
Dennoch ist Vorsicht geboten. Einige Influencer erreichen ihren Traumkörper nicht allein durch hartes Training und die entsprechende Diät. Nicht selten wird mit anabolen Substanzen nachgeholfen. Dabei handelt es sich um Arzneimittel, die den Aufbau der Muskelmasse beschleunigen. Sie bewirken eine positive Stickstoffbilanz und beeinflussen den Stoffwechsel, indem sie die körpereigene Proteinbiosynthese ankurbeln. Dabei unterscheiden wir hauptsächlich zwischen Steroiden, Wachstumshormonen und β2-Sympathikomimetika. Vor allem in der Bodybuilding-Szene erfreuen sich diese Substanzen großer Beliebtheit. Aber es können gefährliche Nebenwirkungen auftreten. Dazu zählen u.a. Akne, Herzrhythmusstörungen bis hin zum Herzinfarkt oder Schlaganfall und Schädigung von Leber und Nieren.
Fazit: Krafttraining für Kinder und Jugendliche
- Ein gut strukturiertes Krafttraining fördert die Gesundheit und verbessert die allgemeine Fitness in jedem Alter.
- Bereits ab 7 Jahren können Kinder spielerisch an Kräftigungsübungen herangeführt werden.
- Die meisten negativen Behauptungen, die über Krafttraining im Kindesalter getroffen werden, sind wissenschaftlich mittlerweile widerlegt.
- Regelmäßiger Kraftsport im Jugendalter legt den Grundstein für ein gesundes und aktives Leben.
- Ab 14-16 Jahren können Teenies unter professioneller Aufsicht mit Zusatzgewichten arbeiten oder an Geräten trainieren.

Autorin: Fanny Patzschke
Apothekerin, zertifizierte Ernährungsberaterin & Fitnesstrainerin, Yogalehrerin, Vegan Raw Chef
Quellen
- Stoppani, J.: Krafttraining – Die Enzyklopädie, 1. Auflage, Riva Verlag, 2016
- Froböse, I.: Das Turbo-Stoffwechsel-Prinzip – So ernähren Sie sich richtig, 5. Auflage, Gräfe und Unzer Verlag, 2015
- Autorenkollektiv Online Trainer Lizenz: Begleitskript zur „Fitnesstrainer(in) B-Lizenz“, Version 2.1, Online Trainer Lizenz GmbH, Berlin 2020
- https://www.germanjournalsportsmedicine.com/archive/archive-2009/heft-2/neuromuskulaere-auswirkungen-von-krafttraining-im-kindes-und-jugendalter/ (abgerufen am 03.08.23)
- Mutschler, E.; Geisslinger, G.; Menzel, S. et. al.: Arzneimittelwirkungen – Pharmakologie – Klinische Pharmakologie – Toxikologie, 11. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 2020